Familientherapie und Familienberatung |
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Familientherapie
Systemische |
Inhalt2. Schulen der Familientherapie
2.1 Die
strukturelle-strategische Famlientherapie 3. Familientherapeutische Techniken und Ideen 3.1
Die systemischen Fragen
EinleitungDie FT/FB hat seit den Anfängen der siebziger Jahre in der Bundesrepublik zusehends an Bedeutung und Akzeptanz als anerkanntes Psychotherapie- und Beratungsverfahren gewonnen. Und das, obwohl sie im Vergleich zu anderen eine junge Therapierichtung ist. In der Theorieentwicklung der letzten Jahre wird die Familientherapie zunehmend mit systemischer Therapie- Beratung gleichgesetzt bzw. die systemische Therapie als Weiterentwicklung familientherapeutischer Ideen verstanden und als Ausweitung begriffen. 1 Geschichtliche AkzenteDie Anfänge der Familientherapie sind in den
fünfziger Jahren in den USA zu finden. Im besonderen waren es die
Forschungsarbeiten zur Schizophrenie, die die Entwicklung
familientherapeutischer Ideen vorantrieb. Aber diese Ansätze sind nicht ohne
die Entwicklung, die die humanistische Psychologie in den USA einleitete,
denkbar. So sind auch Reich, Moreno, Perls, u. Rogers indirekte Wegbereiter
der familien-therapeutischen Bewegung.
2. Schulen der Familientherapie2.1 Die strukturelle-strategische FamlientherapieDeren Hauptprotagonisten sind S. Minuchin und J. Haley. Besonderen Wert legt Minuchin auf die Grenzen familiärer Subsysteme und deren Herstellung und Erhaltung sowie auf eine klare Regelung der Hierarchie, bei der die elterliche Verantwortung und Entscheidungskompetenz das System sichert. Die "family map" oder "Beziehungslandkarte" als diagnostisches Instrument zur Hypothesenbildung, der Umgang mit Allianzen und Rollen, das Arbeiten mit und durch Subsysteme, die Arbeit an Grenzen, der Umgang mit Koalitionen und die Triangulation, gehören auch heute noch zu den hilfreichen Techniken und Ideen in der Familientherapie. In den letzten Jahren hat die strukturelle Familientherapie durch ihren eher normativen Ansatz an Bedeutung verloren. Neben Minuchin zählen Haley, H. Aponte, C. Madanes und Andolfi zu den prominenten Vertretern dieser Richtung. 2.2 Die psychoanalytisch orientierte Familientherapiewurde vor allem durch N. Ackermann, J. Framo, I. Boszormenyi-Nagy,. M. Bowen, L. Wynne und in Deutschland durch Helm Stierlin vertreten. Auch die Mailändergruppe um Mara Selvini-Palazzoli gehören in ihren Anfängen zu dieser Richtung. Besonders bekannte Stichworte dieser Richtung sind die Dynamik von Bindung und Ausstoßung, die Delegationen, der Versöhnungsdialog, die unsichtbaren Loyalitäten zwischen den Generationen und die bezogene Individuation. Zu den Ideen und Techniken gehören die unterschiedlichsten Fragekonzeptionen sowie die Arbeit mit dem Genogramm die sich auch heute in der Famlientherapie und systemischen Therapie wiederfinden. Ferner gebührt der psychoanalytisch orientierten Familientherapie der Verdienst, daß eine Rückbesinnung auf die Person (versus System), also die personenzentrierte Systemtheorie und Praxis, heute wieder mehr Bedeutung gewinnt. 2.3 Die wachstums- erlebnisorientierte Familientherapiegilt als die dritte große historische Schule.
Die Hauptvertreterin dieses Ansatzes ist Virginia Satir. Die Entwicklung und
Steigerung von individuellem und familiärem Selbstwert, die
Kommunikationsmodelle in der Familie und die gegenseitige Wertschätzung und
Kongruenz waren dabei wichtige Faktoren. Die "Parts Party", die
Familienrekonstruktion, die Arbeit mit Metaphern, Meditation,
Tranceinduktion und vor allem die Familienskulpturen sind Techniken, die
auch heute noch in der Familientherapie angewendet werden. 2.4 Neuere EntwicklungenDie familientherapeutischen Modelle wurden in
ihrer Grundlage einer neuen Befragung durch die sogenannte "Kybernetik 2.
Ordnung" unterzogen. Die Familientherapie ging davon aus, daß die Familie im
Sinne der Systemtheorie ein organisiertes Gebilde ist, welches durch die
Therapie bzw. durch den Therapeuten beeinflußt und verändert werden kann.
Durch die Kybernetik 2. Ordnung wurde diese Ideen kritisch hinterfragt, da
sie nicht die Rolle desjenigen berücksichtigt, der die Familie als System
beschreibt. Der Beobachter bzw. der Therapeut wurde nicht in die
Überlegungen miteinbezogen. Durch die Kybernetik 2. Ordnung fing die
systemische Therapie an, sich selber systemisch zu begreifen und das
bedeutete vor allem, daß der Therapeut Teil des Therapiesystems ist und kein
neutraler Beobachter. Tom Andersen versuchte mit der Entwicklung des "Reflecting
Team" die Kybernetik 2. Ordnung ernst zu nehmen und in praktisches
therapeutisches Handeln umzusetzen. Sein "Reflecting Team" veränderte die
machtvolle Position der Therapeuten, wie sie im klassischen Mailänder Modell
oder in den strukturellen Ansätzen üblich war. Das Reflecting Team sieht
Therapie als eine Form von Kooperation zwischen Therapeutenteam und Familie.
Je besser die Kooperation funktioniert um so eher können Lösungen für
aktuelle Probleme entwickelt werden. Seine kleine Revolution gegenüber den
Mailänder Ideen war, daß die Familie den Therapeutendialog hinter dem
Einwegspiegel ebenso beobachten und mithören kann, wie vorher die Beobachter
am therapeutischen Dialog des Therapiesystems teil hatten.
3. Familientherapeutische Techniken und Ideen3.1 Die systemischen FragenDie besondere Fragetechnik ist ein
Kennzeichen von Familientherapie: Fragetypen sind z.B. zirkuläre Fragen,
Skalierungsfragen, Wunderfragen, Fragen nach Ausnahmen, zum Therapierahmen,
zur Therapiemotivation zur Möglichkeitskonstruktion, hypothetische Fragen,
Fragen nach Alternativen im Verhalten, nach Vergleichen, nach
problematischen Verhaltensweisen und deren Ausnahmen, zum Raum und zum
zeitlichen Kontext des Problems, lösungsorientierte Fragen. 3.2 Die LandkarteIst ein Instrument zur Prozessdiagnostik und zur Hypothesenbildung. Sie kann eine Hilfe sein Hypothesen und Interventionsideen zu entwickeln. Die Landkarte bildet das Beziehungsgeflecht und die Grenzen zwischen den jeweiligen Subsystemen der Familie ab, wie sie der Therapeut zum gegenwärtigen Zeitpunkt sieht. 3.3 Das GenogrammMit seiner Hilfe lassen sich die komplexen und für Außenstehende verwirrenden Informationen über das Familien- und Herkunftsfamiliensystem übersichtlich und klar darstellen. Es bietet die Möglichkeit für die Familie bzw. das Klientensystem sich seiner Herkunftsgeschichten klarer zu werden und kann zur Identitätsfindung beitragen. Ferner lassen sich die Familiengeschichten/ und Traditionen, Regeln und Muster leichter nachvollziehen und damit die Lebensgeschichten besser verstehen. Auf diesem Hintergrund sind Veränderungen möglich, weil im Genogramm immer auch die Ressourcen der Herkunftsfamilie sichtbar und durch die Geschichten besprechbar werden. 3.4 Die wertschätzende KonnotationDie wertschätzende Konnotation hat ihren Platz in den unterschiedlichsten Phasen eines Beratungs- /oder Therapieprozesses. Sie ist weniger eine therapeutische Technik als vielmehr eine systemisch therapeutische Haltung. Sie will den Ressourcen und Verhaltensweisen der Familie sowie dem Symptom wertschätzend begegnen. 3.5 Das ReframingDie Umdeutung ist einer der zentralen
systemischen Ideen überhaupt. Beim Reframing wird dem Geschehenen oder
Erlebten ein anderer Sinn gegeben, indem es in einen anderen Kontext
gestellt wird. Durch die Umdeutung wird ein Verhalten oder Symptom, in
seiner positiven Bedeutung für die Klienten beschrieben und so eine neue
Sichtweise eingeführt. Klassisch im FT/FB Kontexten ist die Umdeutung des
Symptomträgers: er gilt als derjenige, der Probleme, der Schwierigkeiten
macht etc. Ein Reframing zu Beginn einer Beratung ist, wenn der
Symptomträger beschrieben wird als jemand der anzeigt, daß die Familie sich
in einem Veränderungsprozess befindet. Er wird als eine Art Warnsignal, oder
als Wahrheitsträger im Familiensystem verstanden. 3.6 FamilienskulpturSie ist eine der erlebnisintensivsten Methoden der Familientherapie. Dabei wird versucht, die Situation in einer Familie durch eine Art "Denkmal" darzustellen. Beim Stellen einer Skulptur kann auf unterschiedliche Modalitäten geachtet werden:
Die Skulptur bietet eine Möglichkeit die Komplexität des Familiensystems, die Gefühle und Gedanken in einer Familie wie durch ein Brennglas komprimiert darzustellen. 3.7 Geschichten, Metaphern, WitzeDas Erzählen von Geschichten und Metaphern ermöglicht es von der direkten, oft vielleicht schwierigen ernsten Situation, sich ein wenig zu entfernen und wie aus der Distanz heraus eine Sichtweise für die eigene Situation und die Familiensituation zu gewinnen. Geschichten und Metaphern ermöglichen es den Klientenfamilien, eine neue Sichtweise einzunehmen oder einmal über ganz andere Lösungen nachzudenken. 3.8 Das Reflecting TeamBeim Reflecting Team gibt es 2 Subgruppen: zum einen das therapeutische System, bestehend aus der Familie und dem Therapeuten, daneben das beobachtende System, das Reflecting Team. Es besteht aus zwei bis vier Teammitglieder, die entweder hinter einer Einwegscheibe in einem anderen Raum sitzen, oder im gleichen Raum etwas distanziert vom Therapiesystem. In vorher festgelegten Abständen wird die Therapiesitzung unterbrochen, um dem Dialog des Teams zuzuhören. Dabei gilt, das der Dialog des Teams in einer wertschätzenden Art und Weise geführt wird. 3.9 Schlußintervention.Die Abschlussintervention gehört zu einem der
Erkennungsmerkmale der Familientherapie. In der Geschichte der
Familientherapie stand die eigentliche "Verschreibung" wie z.B. die paradoxe
Intervention im Vordergrund der Abschlussintervention. In den letzten Jahren
rückte der "Kommentar" mehr in den Mittelpunkt. Die eigentliche Empfehlung
in der Abschlußintervention wird als eine Idee für das praktische Tun
vermittelt.
AutorReinert Hanswille
LiteraturBoscolo L., Bertrando P., Systemische
Einzeltherapie, Heidelberg1997
QUELLEReinert Hanswille: Familientherapie, in: F.
Stimmer Hrsg.: Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit, München, R.
Oldenbourg Verlag 2000 S.230-235 |